Von Oliver Fritzsch
Xinjiang, das Uigurische Autonome Gebiet im Nordwesten Chinas ist für seine atemberaubende Landschaft und ethnische Vielfalt bekannt. Im Juni reise ich in den n?rdlichen Teil von Xinjiang, das etwa 4,6-mal so gro? wie Deutschland ist, um seinen einzigartigen Charakter zu erleben.
Lokales Handwerk erleben und kulinarische Spezialit?ten probieren
Das Eingangstor zur Folklore-Tourismuszone Kazanqi. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Nach meinem gestrigen Ausflug ins Grasland von Tangbula lasse ich es heute etwas ruhiger angehen und verbringe meinen letzten Tag in Xinjiang in Yining.
Ich m?chte das Folklore-Tourismusviertel Kazanqi besuchen. Kazanqi ist Uigurisch und beschreibt jemanden, der Kocht?pfe herstellt. Früher wurden in dieser Stra?e tats?chlich T?pfe gegossen und verkauft. Heute ist Kazanqi ein Touristen-Hotspot, an dem man Einblicke in die Volksbr?uche der Uiguren aus der Ili-Region erh?lt und auch zahlreiche lokale Spezialit?ten findet.
An den H?usern der kasachischen Ethnie ist das sogenannte Ili-Blau die vorherrschende Farbe. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Tanzvorführung von Angeh?rigen verschiedener Ethnien. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Vor dem gro?en blau-wei?en Eingangstor von Kazanqi steige ich aus dem Auto. Die Sonnenstrahlen brennen auf meinem Gesicht. Ich denke an ein Glas kühles Kwas, das ich unbedingt probieren will. Das fermentierte Getr?nk wird von Nordosteuropa bis in die nordchinesische Provinz Heilongjiang getrunken. Hier in Yining wird es aus Hopfen, Honig und Zucker hergestellt. An einem Stand erblicke ich die grünen F?sser, aus denen es abgefüllt wird. Es ist leicht spritzig, hat ein sü?es Aroma und ist eine leckere Erfrischung an einem hei?en Tag wie diesem.
Trockenfrüchte und Sü?igkeiten an einem Nachmittagstisch. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
In den L?den entlang der Stra?e werden Produkte aus der Region angeboten. In einem Gesch?ft gibt es Pferdes?ttel, Geschirre und Reitpeitschen, in einem anderen handgemachte Lederschuhe und -stiefel und in einem weiteren Kleidungsstücke im uigurischen Stil. Mit kleinen Wagen, die von Pferden gezogen werden, kann man das Viertel erkunden und durch die Gassen in der Nachbarschaft fahren. Ich bekomme farbenfrohe Fassaden zu Gesicht, an denen das sogenannte Ili-Blau dominiert. Wir fahren vorbei an einer Gruppe von Frauen in langen Kleidern, die sich vor einem Gemüsestand dr?ngen, und einem Gesch?ft, vor dem Kostüme ausgestellt sind, in dem sich Frauen vor gro?en Spiegeln frisieren und schminken lassen. Immer wieder sehe ich am Stra?enrand Karren mit Melonen und Fahrer in Autorikschas, die auf Kunden warten.
Waren in einem Laden für Reitartikel. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Nach der Rundfahrt bin ich hungrig und neugierig auf die Snacks, die entlang der Stra?e angeboten werden. Ich entscheide mich für gebackene Teigtaschen, die ich seit meiner Ankunft schon mehrmals gesehen habe. An einem Stand werden gro?e und kleine Varianten davon verkauft. Der Verk?ufer sagt, sie würden unterschiedlich schmecken. Ich entscheide mich für die kleinere Variante. Das ?u?ere ist knusprig und das Innere mit Lamm und Zwiebelstückchen gefüllt. Der Geschmack ist in Ordnung, aber das knorpelige Fleisch l?sst sich nur schwer kauen. Vielleicht habe ich beim n?chsten Mal mehr Glück damit.
Arbeitsplatz eines Handwerkers, an dem Schuhe von Hand gefertigt werden. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Nun f?llt mir ein, dass ich noch eine Verabredung habe. In einem der L?den, die ich vorher besucht hatte, erregte ein Paar Lederstiefel mein Interesse. Die Qualit?t war beeindruckend und ich erkundigte mich, ob solche Schuhe auch hier hergestellt werden. Ich wurde eingeladen, zum Haus eines Schuhmachers in der N?he zu fahren. Dort k?nne ich sehen, wo solche Schuhe gemacht werden. Ich suche den Fahrer auf, der mich dorthin fahren soll und nach etwa zehn Minuten in einer der Autorikschas halten wir an einem Wohnhaus, vor dem uns ein Mann mittleren Alters begrü?t. Er l?dt mich ein, ihm zu folgen und l?uft durch den Innenhof in ein kleines Geb?ude, das aus nur einem Raum besteht, in dem ich einen Tisch und einen Stuhl, Schuhmacherwerkzeug und Materialvorr?te erblicke. Er setzt sich nieder, holt aus einer Truhe zwei gro?e Lederstücke hervor und beginnt damit, eines davon unter einer Schuhform zuzuschneiden. Er erz?hlt, dass er im Winter mehr Schuhe mache, dann st?nden auf dem Regal hinter ihm 30 bis 40 Paar. Ich schaue etwas zu, wie er das Messer geschickt durch das Leder führt und verabschiede mich nach einigen Minuten, um wieder ins trubelige Treiben von Kazanqi zurückzukehren.
Pferdewagen warten auf Kundschaft. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Ich bin immer noch etwas hungrig und bestelle in einem Restaurant Pilaw, ein Gericht mit Langkornreis, Lamm und M?hren. Die Lammfleischstückchen sind zart und die M?hren verleihen dem Reis ein sü?liches Aroma.
Auf dem Pferdewagen erkunde ich die Nachbarschaft von Kazanqi. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Mein letzter Tag in Xinjiang neigt sich dem Ende und ich lasse ihn mit einem Spaziergang zurück zum Hotel ausklingen, auf dem meine ganzen Eindrücke nochmal Revue passieren. In einer Woche Xinjiang habe ich viel Gastfreundschaft erlebt, neue kulinarische Erfahrungen gemacht und Landschaften gesehen, die ich sicherlich weiterempfehlen werde.